Die rohstoffgeologische Kartierung in Mecklenburg-Vorpommern

Mecklenburg-Vorpommern verfügt über verschiedene Steine-und-Erden-Rohstoffe in oberflächennaher, abbauwürdiger Position. Dazu zählen vor allem die Lockergesteine Kiessand und Sand, tonige Rohstoffe, Kreidekalk, Kieselgur sowie Torf und Raseneisenerz. Ihre stratigraphische Stellung reicht vom Unteren Jura (Lias) bis zum Holozän.
Die Nutzung des rolligen Materials reicht von Schütt- und Bettungsmaterial über Rohstoffe für Mörtel, Gasbeton, Kalksandstein bis zum Betonzuschlagstoff, dadurch dominieren die Massenrohstoffe Kiessand- und Sand. Die rohstoffgeologische Erkundungstätigkeit zu oberflächennahen Steine-und-Erden-Rohstoffe werden in Mecklenburg-Vorpommern in einer Datenbank und einem digitalen Kartenwerk der oberflächennahen Rohstoffe (KOR50 M-V) verwaltet und aktualisiert. Die KOR50 M-V bietet fachlich fundierte rohstoffgeologische Grundlagen für die Rohstoffsicherung in der Landes- und Regionalplanung und der kommunalen Raumplanung. Das Dezernat Rohstoff- und Wirtschaftsgeologie erarbeitet die Grundlagen zur Verbreitung von Steine und Erden-Rohstoffen in Mecklenburg-Vorpommern.

Die Untersuchungsergebnisse rohstoffgeologischer Erkundungstätigkeit zu oberflächennahen Steine-und-Erden-Rohstoffe werden in Mecklenburg-Vorpommern (M-V) in einer Datenbank und einem digitalen Kartenwerk der oberflächennahen Rohstoffe (KOR50 M-V) verwaltet und aktualisiert. Durch die intensive Erkundungstätigkeit wurde ein guter Kenntnisstand zur regionalen Verteilung oberflächennaher Steine- und Erden-Rohstoffen erreicht. Die KOR50 M-V bietet fachlich fundierte rohstoffgeologische Grundlagen für die Rohstoffsicherung in der Landes- und Regionalplanung und der kommunalen Raumplanung.

Seit etwa 65 Mio. Jahren wurden das norddeutsche Senkungsgebiet, in dem Mecklenburg-Vorpommern liegt, im älteren Tertiär (Eozän, Oligozän) durch marine Sedimente, dann vorwiegend aus Nordosten durch mächtige Flussablagerungen in Verknüpfung zu meist paralischen Kohlebildungen aufgefüllt. Vor allem im Miozän wechselten die Ablagerungsmilieus von Küsten- oder Deltabereichen, so dass quarzreiche Sande und kohlige Bildungen abwechselnd überwiegend unter limnisch - fluviatilen (kontinental) oder unter randmarinen Bedingungen im flachen Zone des Meeresschelfs abgelagert wurden.

Im Pleistozän wurden diese tertiären Ablagerungen später vor allem mit Gletscherschutt bedeckt, den das Inlandeis bei seinem mehrfachen Vordringen vom Untergrund Skandinaviens und des Ostseebeckens erodierte und nach Süden transportierte. Es waren vor allem die Schmelzwässer der eiszeitlichen Vergletscherungen, die unterschiedliche Typen von Kies- und Sandvorkommen schufen, die heute an der Oberfläche zu finden sind. Die Vielfalt der mineralogischen Zusammensetzung, der Korngrößen der Gesteinsbrocken und des Verwitterungszustandes ist groß und auch die Korngrößenverteilung schwankt zwischen Blöcken (Findlingen) und feinen Schluff/Tonbestandteilen. Beim Transport durch die Eismassen nach Süden wurden die weicheren Gesteine zumeist zerrieben und härtere Komponenten angereichert. Die resistenteren Komponenten sind neben den kristallinen und metamorphen Gesteinen Skandinaviens vor allem Quarze und Flinte, wobei letztere aus umgelagerten Ablagerungen der Oberkreide (Senon, Maastricht) im Ostseetrog entstammen.

Der größte Teil des Bedarfes an rolligen Massenrohstoffen für die Bauindustrie in Mecklenburg-Vorpommern wird somit aus oberflächennahen pleistozänen Bildungen gedeckt. Jede pleistozäne Vergletscherung hat eine zyklische Folge mit typischer Sedimentabfolge verschiedener Ablagerungsmilieus hinterlassen, die seit PENCK (1882) treffend als Glaziale Serie bezeichnet wird. Der äußerste Vereisungsrand einer Glazialen Serie ist durch Eisrandlagen gekennzeichnet, wo Schmelzwasserströme große Sanderaufschüttungen ablagerten (vgl. Abb. 1). In Eisrandnähe an Gletschertoren lagerten sich in Sandern zuerst die groben Gerölle und in größerer Entfernung die feineren Bestandteile ab. Auf, unter und im Eis nutzten die Schmelzwässer Spalten und Tunnel zum Abfließen. Als das Eis abgetaut war, blieb das in den Spalten vom Schmelzwasser abgesetzte Material zurück und bildete langgestreckte Wälle auf der Grundmoräne, die Oser (Wallberge) aber auch die glockenförmigen Sandhügel einer kuppigen Kameslandsschaft.

Mecklenburg-Vorpommern verfügt über verschiedene Steine-und-Erden-Rohstoffe in oberflächennaher, abbauwürdiger Position. Dazu zählen vor allem die Lockergesteine Kiessand und Sand, tonige Rohstoffe, Kreidekalk, Kieselgur sowie Torf und Raseneisenerz. Ihre stratigraphische Stellung reicht vom Unteren Jura (Lias) bis zum Holozän. Die Nutzung des rolligen Materials reicht von Schütt- und Bettungsmaterial über Rohstoffe für Mörtel, Gasbeton, Kalksandstein bis zum Betonzuschlagstoff, dadurch dominieren die Massenrohstoffe Kiessand- und Sand. Die Verfügbarkeit ist allerdings durch verschiedene Bedingungen z.B. durch konkurrierende Flächennutzung, Abbauverluste oder Umweltverträglichkeit eingeschränkt.

Kiessande und Sande

Kiessande und Sande wurden vorherrschend von den Schmelzwässern des abtauenden Inlandeises auf Sandern, in Schmelzwasser-Rinnen und als Oser vor allem während des Weichsel- Glazials abgelagert. Die glazifluvialen Entwässerungssysteme folgten weitgehend den großen Urstromtälern und Abflusssystemen in Becken und Tälern. Kiese und Kiessande wurden großflächig unmittelbar an Gletschertoren der Eisrandlagen abgesetzt. Diese Sander sind vor allem an der Frankfurter Eisrandlage (s. Abb. 1: W1F) und der Pommerschen Eisrandlage (W2) weitflächig verbreitet. Dagegen treten Sander vor der Rosenthaler Staffel (W3R) und der Velgaster Eisrandlage im Nordosten nur untergeordnet auf (s. Abb. 1: W3V). Ungefähr 35-40% Kiessand- und Sand-Lagerstätten Mecklenburg-Vorpommerns befinden sich an der W2-Eisrandlage und konzentrieren sich hier auf die Gebiete Wismar-Neukloster-Bad Kleinen und Krakow am See-Waren (GRANITZKI & KATZUNG 2004). Aus der nachlassenden Fließgeschwindigkeit der Schmelzwasserströme resultiert eine Abnahme der Korngröße von Kiessand zu Sand (Kiesanteil <10%). In einem Teil der Lagerstätten werden durch Naßförderung nicht nutzbare abschlämmbare Anteile, humose oder kohlige Partikel reduziert. Als störende Bestandteile für Betonzuschlagstoffe verbleiben aber auch hier kritische Gerölle, wie der Opalsandstein des Eozäns oder verkieselte Kreidesedimente als alkalireaktive Komponenten, sodass bei der Betonherstellung mit speziellen Zementen gemischt werden muss.

Auch die Endmoränen sind stellenweise sandig-kiesig ausgebildet und insbesondere in Satz- und Stauchendmoränen können grobkörnige Kiessande abbauwürdig, zumeist jedoch in komplizierter Lagerung auftreten. Die Vielzahl kleiner und mittelgroßer Sand-Lagerstätten liegt innerhalb größerer Höffigkeitsgebiete. Diese Lagerstätten haben vor allem lokale Bedeutung, denn aus ihnen wird der örtliche Bedarf an Bausand und Füllmaterial abgedeckt. Aus geologischer Sicht sind die Möglichkeiten zur Erweiterung der Vorratsbasis dieser Sande in vielen Gebieten Mecklenburg-Vorpommerns fast unbegrenzt, wobei aber vor allem Restriktionen durch andere konkurierende Flächennutzungen einem Rohstoffabbau entgegenstehen.

In Schmelzwasser-Rinnen treten lokal mächtige Kiessandlagerstätten auf. Im Beispiel der Lagerstätte Neubrandenburg-Hinterste Mühle wurde die Hauptrinne während der Saale-Vereisung im Bereich einer Rinnenstruktur subglazial in einem 2,4 km langen und 0,5 km breiten ESE-WNW verlaufenden Tunneltal geschaffen und mit glaziofluvialen Sanden und Kiessanden gefüllt. In der Weichsel-Glazial wurden an den Rändern dieser Rinne wiederum Kiessande und Sande subglazial abgelagert, wodurch hier eine mehrphasige Akkumulation von über 60 m mächtigen Kiessanden und Sanden erfolgen konnte. Wichtige Kiessandlagerstätten der inglazialen Schmelzwassersysteme sind auch die Oser. Aufgrund ihrer Bedeutung für das glazigen gepägte Landschaft sind sie in Mecklenburg-Vorpommern seit 1998 als Geotope eingestuft und stehen demzufolge für den zukünftigen Abbau nicht mehr zur Verfügung.

Marine Sande und Kiessande

Kiessande haben sich im Ostseebecken im Weichsel-Spätglazial mit dem Rückschmelzen der skandinavischen Gletscher und danach auch im Holozän durch die küstennahe Aufarbeitung während der Ostseeausbreitung (Litorina-Transgression) gebildet. So entstanden z.B. die Kiessand- und Sandlagerstätten der Darßer Schwelle, des Plantagenetgrunds westlich Hiddensee und des Adlergrundes nordöstlich von Rügen (Abb. 5). Der auf höher gelegenen Schwellen in der Ostsee abgelagerte Ostseekies bildet vor allem in der Küstenregion und der Insel Rügen eine wichtige Ergänzung zu den wenigen landseitigen Lagerstätten (vgl. BÖRNER 2011). Nach der Vorabsiebung des Sandes bei der Gewinnung auf See wird bei der gewerblichen Nutzung lediglich die Kiesfraktion angelandet. Dieser Ostsee-Kies kann aufgrund der relativ hohen Flintanteile und der dadurch verursachten Alkali-Reaktion (AKR) nur eingeschränkt als Beton-Zuschlagstoff verwendet werden. Der Ostsee-Kies muss dadurch für die Betonproduktion mit vergleichsweise hohem Aufwand aufbereitet bzw. mit den auf Land gewonnenen Sanden und Kiessanden verschnitten werden. Die näher zur Küste gebildeten feiner körnigen Sedimente werden nicht als Bausande, sondern vor allem für Strandaufspülungen zum Küstenschutz empfindlicher Küstenabschnitte genutzt. Große Mengen mariner Kiese und Sande wurden zwischen 2010 und 2012 für die Verfüllung des Leitungsgrabens der Deutsch-Russischen Ostsee-Gaspipeline (NORDSTREAM) genutzt.

 

Literatur: BÖRNER, A (2011): Geologie und Rohstoffgewinnung auf und um Rügen - Hrsg.: Busch, S: Tagungsband AK Bergbaufolgen, EDGG, 245, S. 9-19, Hannover

Quarzsande

Im Miozän (Tertiär) war die Entfernung zwischen Herkunftsgebiet und Ablagerungsraum in Mecklenburg-Vorpommern so groß, dass auf dem langen Transport eine mechanische Auslese erfolgte und die Sand- gegenüber den Kies-Anteilen vorherrschen. Die chemische Verwitterung eines vorherrschend feuchtwarmen Klimas wirkte zusätzlich selektierend, so dass nur widerstandsfähige Bestandteile, wie die Quarze, übrigblieben.

Im Südwesten Mecklenburgs liegen die Quarzsandvorkommen vor allem an Salinarstrukturen stellenweise in abbauwürdiger Position. Die miozänen Quarzsande haben sehr häufig > 98% SiO2 -Gehalte und niedrige Anteile von Al2O3 und Fe2O3. Es handelt sich vorwiegend um Fein- bis Mittelsande, die sich zu Formsanden und zur Herstellung von Gebrauchsglas eignen. Eine herausragende Stellung nimmt die Quarzsand-Lagerstätte Fritscheshof/Küssow bei Neubrandenburg aufgrund ihrer Größe und Qualität ein. Hier stehen bis 58m mächtige Quarzsand-Schollen des Miozäns an der Oberfläche an, die vom Saale-glazialen Inlandeis vom Untergrund glazitektonisch abgeschert und umgelagert wurden. Die SiO2 -Gehalte liegen stellenweise über 99% und es sind keine Karbonate und nur untergeordnet organischen Substanzen enthalten. Auch wirken sich das splittrige Korn und die relativ leichte Abtrennung von färbenden Schadstoff-Mineralien positiv auf eine Veredelung aus (vgl. ZWAHR 2001). Die thermische Beständigkeit des Quarzrohsands liegt bei ca. 1.350°C.

 

Neben der derzeit überwiegenden Nutzung für die Produktion von Kalksandsteinen und Porenbeton sind diese Quarzsande nach entsprechender Aufbereitung als Rohstoff für die Herstellung verschiedener Gläser und als Formsand für Gießerei-Fabrikate geeignet. Auch die Quarzsande der Komplexlagerstätte Lübtheen (vgl. Kap. Kieselgur) zeichnen sich bei einem hohen SiO2-Anteil von 96% durch niedrige Gehalte von Fe2O3 (< 1%) und Al2O3 (< 3%) aus.

Tonrohstoffe

In Mecklenburg-Vorpommern sind mit den Tonen und -lehmen des Pleistozäns (Bändertone, Geschiebelehme) und den Tonen des Tertiärs bzw. des Lias zwei Tonmineral-Rohstofftypen vertreten. Als Tonminerale bezeichnet man wasser- und hydroxidhaltige Aluminosilikate mit geringen Mengen an Magnesium, Eisen, Natrium, Kalium und Calcium. Die pleistozänen Tonmineral-Rohstoffe sind wegen der erhöhten Karbonat- und Fe2O3-Gehalte (zumeist < 6%) sowie der hohen Bergfeuchte für die Herstellung höherwertiger grobkeramischer Produkte nicht geeignet. Der hohe Anteil der Tonfraktion bewirkt eine erhöhte Trockenempfindlichkeit, sehr gute plastische Eigenschaften, hohe Rohbruchfestigkeit und niedrige Sinter-Temperaturen. Sie können sie aber auch für den Deichbau und bedingt für die Deponie-Abdichtung eingesetzt werden. Der pleistozäne gebildete Lagerstättenkomplex Woldegk, Wolfshagen, Hildebrandshagen und Göhren ist z.Zt. unverritzt Woldegk und umfasst ein ca. 30km² großes Gebiet, in dem 4-10m mächtigen Bändertone (Pleistozän) verbreitet sind. Die durchschnittlichen Tongehalte, der oberflächig entkalkten Bändertonablagerungen schwanken zwischen 25-35%. Stellenweise treten sekundäre Kalk-Konkretionen auf, die vor dem Brennen aufbereitet werden müssen.

Die Lagerstätte Friedland/Salow besteht aus einem primär marin gebildeten und im Pleistozän sekundär umgelagerten Ton-Schollenkomplex aus dem Unteren Eozän. Die Schollen des schwach verfestigten, blau bis grünblauen Eozäntons erreichen hier immerhin 120m Mächtigkeit. Mit einem Tonanteil (< 2µm) von >65% ist der Friedlander Ton sehr feinkörnig, aber es treten auch gröbere Siderit- und Phosphorit-Konkretionen auf. Die Rohstoff-Eigenschaften werden weiterhin von einem vollständig quellfähigen Muskovit-Montmorillonit-Wechsellagerungsmineral bestimmt. Die Lagerstätte Friedland ist mit 194 Mio. t geologischer Vorräte z.Zt. die größte bekannte Eozän-Tonlagerstätte Norddeutschlands. Gegenwärtig wird in Friedland der Rohton zu diversen Tongranulaten, Agarbentoniten und Tonschnitzel verarbeitet (DALLWIG et al. 2006). Die Friedländer Tone werden auch zu Futtermittelzusätzen und Bio-Katalysatoren bzw. Gärsubstrate in Biogasanlagen sowie für die Wellnessbranche veredeltet. Aktuell wird an der Universität Greifswald in einem Forschungsprojekt mit ansässigen Industriepartnern die Nutzung einheimischer Tertiärtone zur Herstellung von alkalisch aktivierten Bindersystemen (Geopolymere) geprüft. Ziel des Projektes ist die verbesserte Nutzung des einheimischen Tonrohstoffpotentials zur Herstellung von porösen mineralischen Bindemitteln als Basis neuer Werk- bzw. Dämmstoffe mit innovativen Verarbeitungs-, Dämm- und Brandschutzeigenschaften.

Eine erkundete Ton-Lagerstätte (Rupel) bei Mewegen ist wie eine erkundete Lagerstätte bei Altentreptow z.Zt. unverritzt. Diese Lagerstätten stellen das größte Zukunftspotenzial für die Nutzung von Tertiärtonen in Mecklenburg-Vorpommern dar. Der Rupelton (Tertiär, Oligozän) weist Al2O3-Gehalte von 18% und SiO2-Gehalte von 54% auf. Die Vorräte bis zu einer Abbautiefe von -20m HN betragen 74 Mio. t und können zur Herstellung von Mauerziegeln und Blähton verwendet werden (GRANITZKI & KATZUNG 2004). Der tertiäre Bergton aus dem Miozän (Lübtheener Schichten) tritt als Begleitrohstoff der Diathomeenkohle vor allem in SW-Mecklenburg auf (s. Kap. Kieselgur). Der Bergton ist ein schwarzbrauner, stark kohlehaltiger schluffiger Ton bis toniger Schluff, in dem als Tonmineral ein quellfähiges Wechsellagerungsmineral Muskovit-Montmorillonit dominiert (47%) vor Kaolinit (15%), Muskovit (5%) und Quarz (25%). Von den nachgewiesenen Lagerstätten in Mecklenburg-Vorpommern werden z.Zt. nur Friedland und Grimmen genutzt.

Kreidekalk und Kieselkreide

Unter Kreidekalken versteht man ein weiches, wenig verfestigtes marines Sedimentgestein. Im nordöstlichsten Teil Rügens treten im Zentrum der Halbinsel Jasmund bei Wittenfelde, Promoisel und bei Goldberg-Lancken mehrere Schollen der Kreidekalke in oberflächennaher Lage auf (s. Abb. 1). Die Mindestmächtigkeit einzelner Kreideschollen beträgt etwa 9 m aber die Gesamtmächtigkeit des Schollenkomplexes erreicht ca. 50-70 m. Die Lagerungsverhältnisse der Kreideschuppen wie auch die Wasserführung der aufgestauchten Pleistozänablagerungen verursachen lokal komplizierte Abbaubedingungen (vgl. GROTH 2003). Bei der Rügener Schreibkreidefazies handelt es sich um einen homogenen, wenig verfestigten, weitgehend reinen Kalkstein, der überwiegend aus mikroskopisch kleinen Kalkskeletten bzw. Trümmern ehemaliger Meerestiere (Coccolithen und Foraminiferen) besteht. Der marine Schreibkreidekalk wird stratigraphisch in das Obere Campan und Untere Maastricht gestellt (HERRIG 2004). Als wichtigstes Nebengemengteil tritt in geringen Mengen Kieselsäure auf, die gelegentlich in dünnen, parallel verlaufenden Flintbändern oder in Form von Feuersteinknollen angereichert ist. Die Korngrosverteilungen sind für die Nutzung als Schlämmkreide recht günstig. Der Anteil der Feinkreidefraktion < 63 µm beträgt ca. 75-90 M.-% und der Weissegrad schwankt zwischen 73,7 und 95,1 %. Bei einer durchschnittlichen Bergfeuchte von etwa 23% sowie Flint- und Grandgehalten von selten mehr als 25 % ergibt sich eine durchschnittliche Feinkreidegewinnung von mindestens 50%.

 

Nach geeigneter Aufbereitung lässt sich aus der Rügener Kreide hochwertige Feinmahl- oder Schlämmkreide gewinnen. Die Schreibkreide wird mittels Tieflöffelbaggern gewonnen und über eine Bandanlage zum Werk Klementelvitz transportiert. Die Verarbeitung erfolgt im nahe gelegenen Kreidewerk Klementelvitz durch Aufschlämmen, Pressen, Trocknen und Klassieren. Zunehmend wichtig für den Absatz minderwertigerer Kreidekalke ist der Einsatz für die Rauchgasentschwefelung der Kohlekraftwerke Rostock und Jänschwalde (Lausitz). Für die Produktion von Dünger- und Futterkalk werden die im Schlämmprozess der Reinkreide anfallende Kreidegrand (Korngrößenbereich 0,063-1 mm) genutzt. Für das Abbaufeld Goldberg/Lancken-Dubnitz wurde 2009 mit Planfeststellungsbeschluss und Rahmenbetriebsplan eine bis in das Jahr 2117 gültige Abbaugenehmigung für insgesamt 35 Mio. t Kreide erteilt. Die Kreidekalkvorkommen Rügens besitzen somit eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung und werden in größerem Umfang unter guter Wertschöpfung als Rohstoff für die Kreide- und Kalkerzeugung genutzt.

Außer den bekannten Vorkommen von Schreibkreide auf Rügen liegt u.a. im östlichen Vorpommern bei Löcknitz eine weitere bedeutende Perspektivlagerstätte von Kreidekalk und Kieselkreide der Oberkreide (Ober-Campan bis Unter-Maastricht). Im Chemismus unterscheidet sich die Kreidekalke mit ca. 92 % CaCO3 und 5 % SiO2 deutlich von der Kieselkreide mit ca. 72 % CaCO3 und 22 % SiO2. Die Lagerstätte Löcknitz ist eine erkundete Rohstoff-Reserve, die sich gemittelt aus 38 m Kreidekalken und 51 m Kieselkreide zusammensetzt. Bei einer erkundeten Abbautiefe bis -55 m HN betragen die Vorräte 656 Mio. t Kreidekalk und 898 Mio. t Kieselkreide. Die Perspektiv-Kalklagerstätte Löcknitz ist wie die angrenzende Tonlagerstätte Mewegen noch unverritzt und bei kombinierter Nutzung wäre hier in Zukunft eine Zementproduktion möglich.

Torfe

Torf bildet sich unter Luftabschluss durch Ansammlung von unvollständig zersetzter pflanzlicher Substanz. Ab einem Gehalt an organischer Substanz von > 30 % spricht man von Torf. Moorige Bildungen mit Gehalten organischer Substanz < 30 % bezeichnet man dagegen als Feuchthumus oder veraltet als Moorerde. Man unterscheidet Niedermoortorf, der sich unter Grundwassereinfluss in Niedermooren bildet, von Hochmoortorf, der ausschließlich durch Regenwasser genährt wird. Niedermoore können sich bei geeigneten Wuchsbedingungen über Zwischenmoorstadien zu Hochmoorstandorten entwickeln. Die wichtigsten Vegetationseinheiten sind Erlenbruchwälder, Röhrichte und Großseggenriede. Hochmoore sind relativ nährstoffarm und verfügen über hohe Kohlenstoffgehalte. Die typische Pflanzenwelt eines Hochmoors besteht aus fast geschlossenen Torfmoosrasen.

Aus den in Mecklenburg-Vorpommern auf einer Fläche von ca. 3.000 km² verbreiteten Mooren wurden in früheren Jahrhunderten Niedermoortorfe als Brennstoff abgebaut und viele mit Wasser gefüllte ehemalige Torflöcher belegen diese historische Nutzung. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg war die Brenntorfgewinnung die einzige Alternative zur Versorgung der Bevölkerung mit Brennmaterial. Heute ist die als Brenntorfnutzung lange eingestellt, dafür werden Düngetorf und Torfpräparate, z.B. für balneologische Anwendungen hergestellt. Die Hochmoortorfgewinnung erfolgte u.a. in Grambow, Drispeth, Breesen und Göldenitz. Aufgrund noch bestehender Bergbaurechte wird gegenwärtig Niedermoortorf in Mecklenburg-Vorpommern nur noch an wenigen Standorten wie im Landgrabental bei Friedland, der Conventer Niederung oder Bad Sülze vor allem für balneologische Anwendungen in den regionalen Kurkliniken abgebaut. Die derzeitig laufenden Abbaustellen fördern zumeist mit älteren Abbaugenehmigungen aus DDR-Zeiten. Da Torfe heute nicht mehr unter Bergrecht fallen, wird ein Neuantrag für eine neue Abbaugenehmigung unter geltendem Naturschutzrecht behandelt.

Kieselgur

Eine unverritzte Lagerstätte von Kieselgur befindet sich im Lagerstättenkomplex Lübtheen. Mit aufwendigen Erkundungsarbeiten wurde die Diatomeenkohle (Obermiozän) in einem über 100 km2 großen Gebiet erkundet, das sich hufeisenförmig um den Salzstock Lübtheen legt. Es handelt sich bei diesem Rohstoff um eine paralisch gebildete, braunschwarze Detritus-Gyttja der Lübtheener Schichten. Die schüsselförmige Basis der Abfolge liegt 60-400 m unter Gelände und die zwischen 20 bis 200 m mächtige Abfolge wird durch tonig-schluffige Bergtonlagen in fünf Flöze (DK 1-5) gegliedert (s. BÜLOW 2000). Die Diatomeenkohle besteht bis zu ca. 50 % aus organischer Substanz und kann als anorganische Beimengung bis zu 60 % Panzer von Kieselalgen (Bacillariophyceae) enthalten. Bei einer Rohdichte von 1,3 t/m3 enthält es ca. 10 % Teer und 30-40 % Rohwasser. Das Hauptflöz DK 3 ist auf einer Fläche von 134 km2 verbreitet und die prognostizierte Rohstoffmenge beträgt ca. 5 Mrd. t.

 
 

Die Asche als Verbrennungsrückstand der Diatomeenkohle setzt sich etwa zur Hälfte aus Pelit (Ton/Schluff) und Diatomeen-Gehäusen (Kieselgur) zusammen. Höhere Gehalte an feinkörnigen Karbonaten, die sich bei der Aufbereitung von Kieselgur schädlich auswirken könnten, treten in der Lübtheener Diatomeenkohle nicht auf. Mit diesem hohen Anteil an Kieselgur ist die Diatomeenkohle ein besonderer Rohstoff, der vielseitig verwendet werden kann. Der Rohstoffkomplex der Diatomeenkohle bei Lübtheen handelt es sich mit allen Begleitrohstoffen zählt zu den bedeutendsten Perspektivlagerstätten des Landes Mecklenburg-Vorpommern (vgl. BÖRNER et al. 2012). Dessen wirtschaftliche Nutzung ist bei einer Kombination von Elektroenergie-Erzeugung und Wertstoff-Gewinnung aus der Diatomeenkohle und ihren Verbrennungsrückständen sowie der Verwertung der Begleitrohstoffe denkbar (vgl. HIMMEL & FIEDLER 2000).

Raseneisenerz

In Mecklenburg-Vorpommern hatten lediglich Raseneisenerze als einheimischer Rohstoff geringe wirtschaftliche Bedeutung. Es sind Anreicherungen von Eisenhydroxiden (Goethit, Lepidokrokit), die durch Ausfällung des in Huminsäuren gelösten Eisens bei stauender Nässe in Niederungsgebieten entstehen. Aufgrund dieser Bildungsbedingungen ist Raseneisenerz in verschiedenen Landesteilen anzutreffen. Die Vorkommen häufen sich in Südwest-Mecklenburg und in der Ueckermünder Heide. Raseneisenerze wurden vor allem vom 16. bis 18. Jahrhundert abgebaut und in Eisenwerken verarbeitet. In der „Griesen Gegend" in Südwest-Mecklenburg wurde Klump-Raseneisenerz auch als Baumaterial für Wohnhäuser und Mauern eingesetzt. Nach dem 2. Weltkrieg bis 1990 wurden zur Herstellung einer Entschwefelungsmasse für Stadtgas südöstlich von Hagenow Raseneisenerze abgebaut. Durch Erkundungsarbeiten wurden in den 1950iger Jahren im Raum Boizenburg-Hagenow-Grabow-Dömitz > 8 km2 Höffigkeitsflächen ausgewiesen und insgesamt 15 Gebiete für weiterführende Untersuchungen vorgeschlagen. Eine zukünftige Nutzung von Raseneisenerz erscheint aber nur im Hinblick auf den Einsatz als Absorber denkbar.

Nachnutzung ehemaliger Bergbauflächen

Eine zumeist stark unterschätzte Bedeutung haben die im Abbau befindlichen Gruben auch durch ihre Funktion als Einlagerungskapazitäten unbedenklicher Fremdböden, die von unserer Industriegesellschaft in großer Menge „produziert“ werden. Die in Mecklenburg-Vorpommern auch zu Rekultivierungszwecken angewandte Verfüllungspraxis wird vom Bergamt Stralsund geprüft und erfolgt nach den Maßgaben des Bergrechts bzw. anderen relevanten Rechtsgebungen zum Schutz von Wasser und Boden (s. BERGAMT STRALSUND 2010). Durch die Energiewende ist aktuell die Nachnutzung ehemaliger Bergbauflächen mit Solaranlagen
sehr gefragt. Zunehmende Restriktionen durch konkurrierende Nutzungen und Gesetzgebungen machen es in zunehmendem Maß schwieriger, bekannte Vorkommen zu nutzbaren Lagerstätten umzuwidmen. So wird es durch die ersatzlose Schließung lokaler Gewinnungsstellen in Zukunft immer häufiger dazu kommen, dass die Transportwege zwischen Produzent und Verbraucher immer länger werden. Dabei sollte auch die vernunftsorientierte Energieeinsparung kurzer Transportwege bei Massenbaustoffen bei der Abwägung einer Gewinnungsgenehmigung eine größere Wichtung eingeräumt werden.